XML im Content Syndication - Teil 1

Content Syndication wird zum Megatrend im Internet

Content Syndication meint den Austausch von Inhalten zwischen Autoren, Agenturen und Publishern. Im Internet steht das Handeln mit Content vor einer neuen Herausforderung: er lässt sich bei der rasant steigenden Zahl der Beteiligten nur noch in automatisierter Form wirtschaftlich und effizient abwickeln.

In unserem Zweiteiler befassen wir uns zunächst mit dem Wesen der Syndikalisierung. Teil 2 geht dann auf die technischen Voraussetzungen ein.

Teil 1:

Content Syndication braucht Automatisierung

Wer auf seiner Website regelmäßig viele Besucher haben will, muss diese mit interessanten und qualifizierten Inhalten immer aktuell halten. Diesen Content gibt es zum Glück zuhauf bei Anbietern, die dankbar für jeden weiteren Abnehmer sind. Was dem einen Site-Betreiber Arbeit spart, für die er meist auch gar nicht genug personelle Kapazität hat, bringt dem anderen Anbieter mehr Umsatz. Vorausgesetzt natürlich, dass die Vermittlung der Inhaltsangebote – das Content Syndication über einen Broker - reibungslos funktioniert.

Mit der Auszeichnungssprache XML und ihren anwendungsspezifischen Dialekten wie ICE, NewsML oder NITF entwickeln Computer nun die bislang dem Menschen vorbehaltene Fähigkeit, auch semantische Strukturen zu erkennen: das ist die Voraussetzung für automatisiertes Content Syndication.

Information ist die einzige Ware, die sich mehrfach verkaufen lässt

Viele Fachverlage präsentieren mittlerweile zumindest Teile ihres Contents im Internet oder bieten ihn über kostenpflichtige Datenbankabrufe an. Doch der Erfolg lässt oftmals zu wünschen übrig. Denn ohne neue Geschäftsmodelle und erweiterte IT-Kernkompetenzen lässt sich in diesem Geschäft so leicht kein Geld verdienen. Die TV-Branche ist da bereits viel weiter: Seifenopern und andere Produktionen werden längst über Netzwerke in alle Ecken der Welt verkauft. Ohne Content Syndication wären die vielen hundert TV-Kanäle in arger Bedrängnis.

Vielen Tageszeitungen und Internet-Anbietern von Finanz-Sites ginge es nicht anders. Aktuelle Wirtschaftsmeldungen, Börsenkurse, Aktiencharts und ähnliches kommen von wenigen Content Providern, den Nachrichtenagenturen.

Wird Content das große Internet-Geschäft?

Die US-Firma iSyndicate liefert das Vorbild für eine Vielzahl von Syndikationsplattformen, die derzeit quer durch Europa aus dem Boden schießen. Ihre „Lieferanten“ sind sowohl spezielle Web-Redaktionen als auch Verlage und anderen Informationsanbieter, von denen sie Texte, Audiodaten und alle möglichen Bildformate übernehmen. Ihre Abnehmer sind B2B-Sites, Suchmaschinen-Portale und Großkonzerne, die damit ihr Intranet attraktiv auffüttern.

In diesem Markt herrscht Goldgräberstimmung: so schätzt etwa das Wall Street Journal das Volumen des weltweiten Syndikations-Marktes auf rund 4,6 Milliarden Euro. In den sehr jungen StartUps ist der Achtstundentag ein Fremdwort: die Hoffnung auf den großen Durchbruch lässt die meist blutjungen Mitarbeiter 70 und mehr Wochenstunden schuften.

Die Syndikatoren denken in erster Linie an andere Webanbieter, wenn sie sich auf Kundensuche begeben. Aber schon bald werden die Grenzen zwischen Online- und Offline-Welt verwischen und die Web-Syndikatoren werden sich nur mehr Syndikatoren nennen, die allen möglichen Content für alle vorstellbaren Abnehmer anbieten. Das könnte den gesamten Medienmarkt gewaltig aufwirbeln. Auch wenn derzeit die Agenturen mit ihren riesigen Datenbanken das Rückgrat der Medienwelt bilden, dürfte die Syndikations-Revolution hier in Kürze für andere Machtstrukturen sorgen.

Ein Content kommt selten allein...

Dem Vorteil von Content, beliebig oft verkaufbar zu sein, steht ein gewisser Nachteil gegenüber: er muss fast immer erst wie ein Puzzleteil mit anderen Inhalten verzahnt werden, um für den Anwender ein brauchbares Produkt zu ergeben. Die Tageszeitung ist dafür ein sehr anschauliches Beispiel: eine Wirtschaftmeldung hat einen anderen Platz im Layout, als der Wetterbericht. Soll das Zusammenfügen dieser Puzzleteile automatisiert werden, müssen die Content-Komponenten datentechnisch intelligent werden.

Der Syndication-Markt kann nur funktionieren, wenn von Anbieter des Contents unabhängig von denjenigen sind, die ihn verteilen. Das war beispielsweise in den frühen Tagen des Films ein Problem, als den Produzenten der Filme auch die Lichtspieltheater gehörten. Das Internet von heute ist das genaue Gegenteil davon: jeder kann mit seiner eigenen Website zum Distributor werden.

Content braucht Informationsarchitekten

Content liegt als Text-, Grafik-, Audio- oder Videoformat vor. Das Spektrum digitalen Inhalte der vernetzten Welt reicht von der redaktionell bearbeiteten Fachinformation, über PR-Content wie Pressemitteilungen oder Werbespots für Film und Funk, bis hin zu interaktiven Inhalten wie Umfragen oder Search-Boxes. Auch Dienstleistungs- oder Produktangebote aus dem Sektor e-commerce sind Content. Vom Kochrezept bis zum Reisebericht, vom politischen Kommentar bis zur biologischen Studie, vom Comic-Strip bis zur bunten Meldung - alles ist Content.

Die plattformunabhängige Aggregation, Aufbereitung, Verwaltung und die Distribution von Content ist die zentrale Aufgabe der Informationsarchitekten. Zur Content-Logistik gehört die intelligente Verknüpfung von Inhalten: sie werden zueinander in Beziehung gesetzt und mit einer einheitlichen Technik auf den Seiten der Abnehmer eingepflegt.

Das Matching ist eine Kernaufgabe des Syndikators

Der Content Broker ist nicht nur der Makler, der die Geschäftsbeziehungen zwischen Anbietern und Abnehmern wie auf einem Marktplatz aufbaut und organisiert. Er ist im Regelfall auch ein Veredler, der die vielen Puzzleteile in standardisierte Formate konvertiert, vorsortiert, analysiert, kategorisiert, mit Mehrwert versieht. und in bestimmten Arrangements an den Markt bringt. Dieses „Matching“ sieht in der Praxis meist noch so aus, dass der Content händisch in eine Datenbank eingestellt wird. Von dort kann er dann automatisiert an die Distributoren verteilt werden.

Die Organisation dieser Partnerbeziehungen kann beliebig kompliziert werden: da geht es nicht nur um die Bezahlung der Entgelte, sondern auch um die Wahrung und Sicherung von Urheberrechten – wie etwa kann verhindert werden, dass ein Abnehmer die Ware über den lizenzierten Rahmen hinaus weiterverkauft? Ein Autor wird sich beispielsweise nur dann auf den Deal mit dem Zwischenhandel des Syndikators einlassen, wenn er sich darauf verlassen kann, dass weder der Syndikator noch dessen Abnehmer Schindluder mit seinem geistigen Eigentum treiben.

Schutz der Urheberrechte

Wasserdichte Verträge sind da nur die eine Seite der Medaille, eine automatisierte Nutzungsverfolgung etwa bei Bildern durch nutzerindividuelle Markierungen gehört genauso dazu. Die Wasserzeichentechnologie ist heute soweit ausgereift, dass die unsichtbare Markierung auch noch in der dritten Kopiergeneration eines Ausdrucks erkannt und so die Quelle geortet werden kann. Selbst in Texten lassen sich solche unsichtbaren Herkunftskennungen unterbringen.

Kein Content Syndication ohne XML

XML ist die Voraussetzung für die Integration von Workflow und Content Management und die Trennung von Darstellung und Inhalt. Content, der mit XML aufbereitet ist, wird auch als „smart“ oder intelligent bezeichnet. Diese Inhalte ermöglichen den Web-Publishern neben vielen anderen Vorteilen durch das "Targeting" auch die Bildung von Community-Gruppen, die auf Grund ihrer demographischen Struktur auch für Anzeigenkunden besonders attraktiv sind. Das Targeting mit personalisierten Mehrwertdiensten schafft Wettbewerbsvorteile und bindet Leser an das Online-Angebot. Dieses "1:1 Beziehungsmarketing" erlaubt auf der anderen Seite auch eine exakte Analyse des Nutzerverhaltens, die wiederum ein noch effektiveres Targeting ermöglicht.

Da XML nicht nur in der Content Syndication, sondern im gesamten IT-Bereich eine herausragende Rolle spielen wird, wollen wir uns dieser Sprache und ihren Dialekten im Teil 2 ausführlicher zuwenden.

Roland Dreyer

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Content aus deutschen Zeitschriften gibt es bei www.magazinecontent.com.

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Terminologie

Content

Content (engl.: Inhalt) ist ein sehr breitgefächerter Begriff. Ganz allgemein könnte man sagen: Inhalte und Informationen jeglicher Art und jeglichen Formats. Im E-Business versteht man darunter Texte, Grafiken, Tonaufzeichnungen und Videos, aus denen eine Website zusammengesetzt wird. Im Rahmen dieser Studie soll unter dem Begriff "Content" jegliche Form von Informationsobjekten verstanden werden, die über Online Medien ( WWW, SMS, WAP, etc) verwertet, angeboten und präsentiert werden, unabhängig von der medialen Form (Text, Grafik, Audio, Video) und unabhängig von der Qualität, Quelle, Umfang und Aktualität.

Content Provider

Unternehmen (Content Professionals) sowie freie Journalisten und Reporter (Content Reporter), die Inhalte und Informationen jeglicher Art produzieren und durch Einmalverkauf oder Mehrfachverwertung des Content Umsatz generieren.

Content Subscriber

Unternehmen und andere Website-Betreiber, die keine eigenen Inhalte und Informationen produzieren. Sie kaufen Content von einem oder mehreren Content Providern oder beziehen Content von einem Content-Dienstleister, um diesen Content auf ihrer Website für ihre Kunden (sowohl B2C als auch B2B) zu präsentieren.

Content Reseller

Unternehmen, die Content ausschließlich zum Zweck des Weiterverkaufs von einem oder mehreren Content Providern oder einem Content-Dienstleister beziehen.

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Push- oder Pull-Syndikation?

Die Begriffe „Push“ und „Pull“ begegnen einem zwangsläufig auch beim Thema Syndikation. Dazu erklärt Stefan Hiene, Initiator des Verbandes der deutschen Content Wirtschaft VDCW:

„Die neuen Syndikatoren müssen beides anbieten: Die automatisierte Weiterleitung und Veröffentlichung von gematchten Inhalten („Pull-Syndikation“) sowie den Datenbankzugriff auf einzelne Artikel oder Themengebiete („Push-Syndikation“). Ich bin davon überzeugt, dass erst diese Mischung den Erfolg von Syndikatoren ausmachen wird. Nur im Low Budget Bereich wird Pull-Syndikation eine größere oder vielleicht sogar die entscheidende Rolle spielen. Hier wird es in Zukunft die Möglichkeit geben, vordefinierte Pakete zu abonnieren. Der Nachteil wird eine noch stärkere Angleichung der Inhalte sein, da die Auswahl an verschiedenen Paketen auf wenige Themen wie z.B. Wirtschaft, Sport und Politik begrenzt sein wird, um die wirtschaftliche Nutzung der vorhandenen Inhalte zu gewährleisten.“

Wann auch immer und wie auch immer sich der Markt des Content Syndication entwickeln wird: in jedem Fall funktioniert das ganze System nur dann, wenn sich alle Beteiligten an bestimmte technische Standards halten. Denn nur dann kann der Austausch von Content zwischen so vielen Partnern automatisiert werden.

Neben den Netzstandards wie HTML, FTP, SMTP kommt hier in erster Linie XML zum Zug: die eXtended Markup Language sowie deren anwendungsspezifische Dialekte.

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Weblinks zu diesem Beitrag:

  • www.4content.de
  • www.bigcharts.com
  • www.businessmedia.com
  • www.contentstudie.de
  • www.contonomy.de
  • www.isyndicate.com
  • www.magazinecontent.com
  • www.matchpoint.at
  • www.mojonation.net
  • www.newsedge-international.com
  • www.newsfox.com
  • www.rd-online.at
  • www.tanto.de
  • www.screamingmedia.com
  • www.webcontent.at
  • www.yoocon.com
  • www.zumthema.at
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